Rollen im Gefahrgut-Prozess
22. November 2024

Beauftragte Personen im Gefahrgut-Prozess & Gefahrgutbeauftragte/r – Rollen & Pflichten

Das oberste Ziel einer jeden Gefahrgutbeförderung ist der sichere Transport der Ware von A nach B. Um dies zu gewährleisten, muss jede Person, die an irgendeinem Teil des gesamten Gefahrgutprozesses beteiligt ist (z.B. Vorbereitung der Gefahrgutsendung, Verladung, Entladung,…), bestmöglich gemäß ihrer Aufgaben unterwiesen sein. Wer trägt die Verantwortung dafür?

Im nachfolgenden Artikel sehen wir uns die folgenden Beteiligten und deren Zusammenspiel an:

Unternehmensleitung, Beauftragte Personen kraft Amt, Beauftragte Personen kraft Bestellung, Beschäftigte Personen, Gefahrgutbeauftragte.

Rolle der Unternehmensleitung im Gefahrgutprozess

Die Gesamtverantwortung trägt die Unternehmensleitung. Sie steuert und lenkt das Unternehmen, setzt Ziele und muss für die Einhaltung aller rechtlichen Anforderungen sorgen. Sollte ein Unternehmen Gefahrgut versenden, lagern oder transportieren, muss die Unternehmensleitung sich mit ihren Pflichten gemäß den Gefahrgutvorschriften (z.B. ADR und in Deutschland GGVSEB) auseinandersetzen. So muss z.B. geprüft werden, ob ein Gefahrgutbeauftragter gemäß ADR, RID oder IMDG-Code bestellt werden muss. Ebenso muss sie unter anderem auch für die Unterweisung aller beschäftigten Personen sorgen, die mit der Beförderung gefährlicher Güter betraut sind.

Welche Personen gelten als „beauftragte Personen“?

Beauftragte Personen kraft Amt

Betriebsleitende und sonstige leitend angestellte Personen „handeln für einen anderen“ – nämlich die Unternehmensleitung – und sind damit automatisch beauftragte Personen kraft Amt. Diese Führungskräfte stehen also allein aufgrund Ihrer Position bereits in der Verantwortung bzw. Haftung.

Beauftragte Personen kraft Bestellung

Mittels einer schriftlichen Bestellung durch die Geschäftsleitung können bestimmte Pflichten wiederum auf weitere Mitarbeitende übertragen werden. Wir sprechen hier von den beauftragten Personen kraft ausdrücklicher Bestellung. In dem Bestellschreiben sollte genau spezifiziert sein, welcher Bereich der Gefahrgutabwicklung im Verantwortungsbereich der bestellten Person liegt. Es empfiehlt sich hierbei den Aufgabenbereich klar abzugrenzen und den Verantwortungsbereich mit den damit verbundenen Pflichten zu benennen.

Als Beispiel:

Verantwortungsbereich “Empfang gefährlicher Güter”

Pflicht: Für den Verantwortungsbereich Arbeitsanweisungen, Checklisten, etc. erarbeiten und diese bei Bedarf mit dem/der zuständigen Vorgesetzten und dem/der Gefahrgutbeauftragten abstimmen.

Üblicherweise werden Personen mit einer leitenden Position, z.B. Abteilungsleiter*innen, Teamleiter*innen oder Meister*innen als beauftragte Personen bestellt.

Beschäftigte Personen

Beschäftigte Personen sind alle übrigen in einem Unternehmen beschäftigten Personen. So z.B. Personen, die verpacken, Dokumente erstellen oder verladen. Gemäß 1.3 ADR müssen diese Personen vor Übernahme der Tätigkeiten eine Schulung erhalten, die in regelmäßigen Abständen aufgefrischt werden muss.

Gefahrgutbeauftragter

Weil für die rechtskonforme Ausübung der Verantwortungsbereiche im Gefahrgutprozess (Verpacken, Markieren, Kennzeichnen, Dokumentation,…) Fachwissen und Kenntnisse aus der Praxis nötig sind, zieht die Unternehmensleitung oftmals einen Sicherheitsberater, auch Gefahrgutbeauftragte*n heran. Die Verantwortung liegt aber wie oben beschrieben bei den genannten Personenkreisen und nicht bei der/dem Gefahrgutbeauftragten.

Laut den Gefahrgutvorschriften ADR/RID und ADN muss jedes Unternehmen, das gefährliche Güter für den Versand vorbereitet, diese befördert oder empfängt eine*n Sicherheitsberater*in, bzw. Gefahrgutbeauftragte*n bestellen.

Was zählt nun zu den Pflichten der/des Gefahrgutbeauftragten? (ADR 1.8.3.3)

  • Überwachung der Einhaltung der Vorschriften
  • Beratung des Unternehmens
  • Erstellung eines Jahresberichts für die Unternehmensleitung

Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien (ADR/RID/ADN) dürfen Ausnahmen erlassen, wann diese Position nicht besetzt werden muss.

In Deutschland gibt es die GbV – die „Verordnung über die Bestellung von Gefahrgutbeauftragen in Unternehmen“ oder „Gefahrgutbeauftragtenverordnung“. Hierbei ist in §2 festgesetzt, wann Unternehmen, die ebenfalls Gefahrgüter in den Verkehr bringen, keine*n Gefahrgutbeauftragte*n ernennen müssen. Hier ein paar Beispiele:

  • Nur Versand und Beförderung von gefährlichen Gütern in begrenzten und freigestellten Mengen;
  • Versand und Beförderung von Gefahrgütern, die von den Vorschriften des ADR/RID/ADN und IMDG-Code freigestellt sind;
  • Versand und Beförderung von Gefahrgütern immer kleiner/gleich dem Wert 1000 (Freistellung nach Unterabschnitt 1.1.3.6);

In der GbV ist auch geregelt, dass in Deutschland ebenfalls für den Versand per See (IMDG-Code) ein/e Gefahrgutbeauftragte*r bestellt werden muss.

Die Position des/der Gefahrgutbeauftragten kann entweder von der Unternehmensleitung selbst, einer/einem Mitarbeitenden des Unternehmens oder einer externen Person wahrgenommen werden. Es ist auch möglich mehrere Gefahrgutbeauftragte zu bestellen, hierbei müssen die Aufgabenbereiche klar abgegrenzt und schriftlich festgelegt werden.

Allen Mitarbeitenden des Unternehmens muss der Name der/des Gefahrgutbeauftragten schriftlich mitgeteilt werden.

Schulung von beauftragten Personen und Gefahrgutbeauftragten

Nachfolgend eine Aufstellung der verpflichtenden und freiwilligen Schulungen für beauftragte Personen und Gefahrgutbeauftragte:


a. Schulung beauftragter Personen


Verpflichtend

Beauftragte Personen, die z.B. Arbeitsanweisungen erstellen, sollten ein tiefes Verständnis der Gefahrgutvorschriften haben. Hierzu bieten sich oftmals mehrtägige Unterweisungen nach 1.3 ADR, RID oder IMDG-Code an, um ebenfalls den Umgang mit der Vorschrift zu erlernen.

Zur Auffrischung kann zwischendurch auch zu Online Trainings gegriffen werden.


Generell müssen die Schulungen gemäß 1.3 ADR, RID oder IMDG-Code in regelmäßigen Abständen, es empfiehlt sich mindestens alle zwei Jahre, wiederholt werden.


Freiwillig

Leitende Personen sollten einen allgemeinen Überblick über die Vorgaben des Gefahrgutrechts erhalten, um sich über den Verantwortungsbereich im Klaren zu sein. Hierzu hat die SAFETY Training Plus GmbH ein Online Training (E-Learnings) speziell für die Gruppe des Managements und leitende Angestellte entwickelt. Das Ziel ist, dass diese Personengruppe mit dem Gefahrgutrecht nach ADR – Gefahrgut Straße / RID – Gefahrgut Schiene / IMDG-Code – Gefahrgut See / IATA-DGR – Gefahrgut Luft vertraut wird.

Dieser Kurs eignet sich somit auch für die Unternehmensleitung und automatisch beauftragte Personen.

Je nach Aufgabenbereich ist es sinnvoll, sich in angrenzenden Rechtsgebieten vertiefend weiterzubilden. So sind immer wieder häufige Themen: Ladungssicherung, Abfall oder Klassifizierung.



b. Schulung Gefahrgutbeauftragte/r


Verpflichtend

Es ist festgesetzt, dass jede/r Gefahrgutbeauftragte in Besitz eines gültigen Schulungsnachweises sein muss. Um diesen zu erhalten, muss zunächst eine mehrtägige Schulung besucht werden, dann muss eine schriftliche Prüfung bei der zuständigen Behörde, in Deutschland bei der IHK, abgelegt werden. Dieser Schulungsnachweis muss alle fünf Jahre mit einer Wiederholungsprüfung erneuert werden.


Freiwillig

Es ist zusätzlich empfehlenswert, dass je nach Aufgabenbereich und des betreuten Unternehmens der/die Gefahrgutbeauftragte weitere Schulungen ablegt. Wenn z.B. das betreute Unternehmen auch Gefahrgüter per Luft versendet, ist es hilfreich, wenn sich der/die Gefahrgutbeauftragte auch in diesem Bereich weiterbildet.

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