Wer gefährliche Güter befördert, trägt große Verantwortung. Ein zentraler Baustein für mehr Sicherheit ist der Sicherungsplan gemäß 1.10 ADR. Aber was genau ist das, wann ist er Pflicht und wie wird er korrekt erstellt? In diesem Beitrag beantworten wir alle Fragen Schritt für Schritt.
Was ist ein Sicherungsplan nach ADR?
Ein Sicherungsplan ist ein Dokument, das Maßnahmen beschreibt, um gefährliche Güter während der Beförderung gegen Diebstahl, Missbrauch oder terroristische Handlungen zu schützen. Dabei handelt es sich um gefährliche Güter mit hohem Gefahrenpotential, wie hochgiftige, leicht entzündliche, explosive oder radioaktive Stoffe.
Grundlage ist das Kapitel 1.10 des ADR – des Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße. Der Plan ist an das Gefahrenpotenzial der transportierten Stoffe angepasst und beinhaltet, neben einer Liste der gefährlichen Güter, die Zuweisung der Verantwortlichkeiten und Maßnahmen zur Verringerung der Sicherheitsrisiken.
Wann und für wen ist ein Sicherungsplan vorgeschrieben?
Ein Sicherungsplan ist verpflichtend einzuführen und anzuwenden, wenn Sie an der Beförderung gefährlicher Güte mit hohem Gefahrenpotential oder radioaktiver Stoffe mit hohem Gefahrenpotential beteiligt sind (siehe 1.10.1.1 ADR). Dies trifft auf Sie in der Funktion des Absenders, Beförderers oder anderer Beteiligter nach 1.4.2 oder 1.4.3 ADR (z.B. Empfänger, Verlader,…) zu.
Unter 1.10.3.1.2 ADR gibt es eine Liste der gefährlichen Güter mit hohem Gefahrenpotential. Sind Ihre Gefahrgüter hierbei aufgeführt, müssen Sie einen Sicherungsplan erstellen. Zwei Beispiele:
Giftige Gase
Sicherungsplan bei Versandstück über 0 kg notwendig.
Entzündbare flüssige Stoffe
Sicherungsplan beim Transport der Verpackungsgruppe I und II in Tanks über 3000 L notwendig.
Inhalte eines ADR-Sicherungsplans – das muss enthalten sein
Ein Sicherungsplan muss klar und umfassend strukturiert sein. Unter 1.10.3.2.2 ADR gibt es eine genaue Auflistung, welche Punkte verpflichtend aufgenommen werden müssen:
Pflichtinhalte eines Sicherungsplans gemäß 1.10.3.2.2 ADR
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Pflichtinhalt gemäß ADR | Beispiel aus der Praxis | |
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a) | Zuweisung von Verantwortlichkeiten (im Bereich der Sicherung) | Gefahrgut-Organigramm zeigt die Aufteilung der Verantwortung zwischen Unternehmensleitung, Gefahrgutbeauftragten sowie den automatisch und ausdrücklich beauftragten Personen. Wichtig: Für die Sicherung verantwortlich bestellte Personen aufführen. |
b) | Verzeichnis gefährlicher Güter | Auflistung der Güter mit hohem Gefahrenpotential: z.B. UN 1203 – Benzin, Klasse 3, Verpackungsgruppe II |
c) | Bewertung der Sicherungsrisiken | Lkw mit Gefahrgut muss nachts Ruhezeiten einhalten – Risiko Diebstahl |
d) | Maßnahmen zur Risikoreduktion | Maßnahme: GPS-Überwachung, Fahrer darf nur gesicherte Parkplätze nutzen; Unterweisung der Mitarbeitenden |
e) | Meldung & Reaktion auf Sicherheitsvorfälle | Bei Verdacht auf Manipulation → sofortige Meldung an die Polizei und Unternehmensleitung |
f) | Evaluierung & Überprüfung des Sicherungsplans | Jährliche Überprüfung des Plans durch verantwortliche Person |
g) | Physische Sicherung von Transportinformationen | Transportdokumente werden verschlossen im Führerhaus aufbewahrt |
h) | Eingeschränkter Informationszugang | Streng begrenzter Zugriff auf den Sicherungsplan |
Generell sollten die Beteiligten (Beförderer, Absender, Empfänger) am Transport von gefährlichen Gütern mit hohem Gefahrenpotential untereinander und mit den zuständigen Behörden eng zusammenarbeiten. Somit können eventuelle Bedrohungen frühzeitig erkannt werden und Sicherungsmaßnahmen getroffen werden.
Wer ist für den Sicherungsplan verantwortlich?
Eine von der Unternehmensleitung benannte Person ist für die Erstellung des Sicherungsplans verantwortlich. Dies kann z.B. der Betriebsleiter oder auch ein interner Gefahrgutbeauftrager sein, die eng in das Sicherheitskonzept eingebunden sind. Die Verantwortlichkeiten sollten in jedem Unternehmen klar und schriftlich geregelt sein. Lesen Sie mehr zu Rollen und Pflichten beim Gefahrgut-Prozess.
Schulungspflicht gemäß 1.10 ADR – wer muss geschult sein?
Neben der Unterweisung nach 1.3 ADR müssen beim Transport von gefährlichen Gütern mit hohem Gefahrenpotential alle am Transport beteiligten Personen – inklusive Fahrer, Verlader und Disponenten – zusätzlich gemäß 1.10 ADR unterwiesen werden. Dies umfasst sowohl die Inhalte des Sicherungsplans als auch konkrete Maßnahmen zur Sicherung.
Die Schulung und Schulungsnachweise sind zu dokumentieren.
Die Unterweisung muss regelmäßig erfolgen und an aktuelle Gefährdungen angepasst werden.
Sicherungsplan erstellen in der Praxis – Schritt-für-Schritt-Anleitung
Mit diesen fünf Schritten erstellen Sie einen rechtssicheren Sicherungsplan:
- 1. Prüfen Sie, ob Ihre Gefahrgüter in der Liste der gefährlichen Güter mit hohem Gefahrenpotential aufgeführt sind (Tabelle 1.10.3.1.2 ADR).
➜ Die Güter sind nicht aufgeführt: Kein Sicherungsplan notwendig.
➜ Die Güter fallen unter die Tabelle: Sicherungsplan nötig. - 2. Ermitteln Sie Risiken und Bedrohungsszenarien.
- 3. Definieren Sie konkrete Schutzmaßnahmen.
- 4. Bestimmen Sie Zuständigkeiten und Abläufe.
- 5. Schulen Sie alle beteiligten Personen.
Mit all diesen Informationen Erstellen Sie den Sicherungsplan mit den Punkten a) bis h) gemäß 1.10.3.2.2 ADR.
Wie oft muss ein Sicherungsplan überprüft werden?
Laut ADR ist der Sicherungsplan regelmäßig zu aktualisieren – mindestens einmal jährlich hat sich in der Praxis bewährt oder bei Änderungen der Transportprozesse. Eine Dokumentation der Überprüfung ist verpflichtend.
Weitere häufige Fragen zum Sicherungsplan
In welchen Fällen muss ich die Polizeibehörde informieren?
Gemäß der nationalen deutschen Verordnung GGVSEB (§27 (4a)) müssen alle an der Beförderung Beteiligten dafür sorgen, dass der zuständigen Polizeibehörde unverzüglich mitgeteilt wird, wenn ihnen Fahrzeuge, Container etc. mit gefährlichen Gütern mit hohem Gefahrenpotential oder diese Güter selbst abhanden kommen. Ebenso muss das Wiederauffinden mitgeteilt werden.
Muss der Sicherungsplan beim Gefahrguttransport mitgeführt oder vorgelegt werden?
Der Sicherungsplan muss beim Transport nicht mitgeführt werden. Behörden können bei Kontrollen Einsicht verlangen – deshalb sollte er jederzeit abrufbar sein. Mitzuführen ist allerdings das Beförderungsdokument nach ADR.
Welche Konsequenzen drohen bei fehlendem Sicherungsplan?
- Bußgelder nach GGVSEB
- Untersagung der Beförderung gefährlicher Güter
- Erhöhtes Haftungsrisiko bei Zwischenfällen
Wer einen Sicherungsplan erstellt, schützt nicht nur Menschen und Umwelt – sondern auch das eigene Unternehmen vor rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen.
In unserem ADR Online Training sind weitere Informationen zum Sicherungsplan aufgeführt:
Fazit: Mit dem Sicherungsplan nach 1.10 ADR auf der sicheren Seite
Ein Sicherungsplan ist mehr als eine Pflicht – er ist ein zentrales Instrument, um den Transport gefährlicher Güter sicher und rechtskonform zu gestalten. Unternehmen, die ihre Prozesse regelmäßig überprüfen und ihre Mitarbeitenden schulen, schaffen nicht nur Sicherheit, sondern auch Vertrauen bei Kunden und Behörden.