Beispiel Kennzeichnung eines Versandstück

Gefahrgut richtig kennzeichnen und bezetteln: Alle Vorschriften & Tipps aus der Praxis

Für viele Unternehmen ist der Transport von Gefahrgut ein fester Bestandteil des täglichen Geschäftsbetriebs. Doch wer Gefahrgüter befördert, muss zahlreiche Vorschriften zur Gefahrgut-Kennzeichnung und -Bezettelung beachten – andernfalls drohen Bußgelder oder Sicherheitsrisiken. In diesem Blogartikel erfahren Sie, was bei der Gefahrgut-Kennzeichnung und -Bezettelung von Versandstücken nach ADR zu beachten ist.

Kennzeichnung und Bezettelung von Versandstücken nach ADR: Vorschriften & Verantwortung

Rechtliche Grundlagen und Vorschriften

Die Gefahrgutvorschriften des ADR (Straßenversand) regeln in Kapitel 5.2 die Kennzeichnung und Bezettelung von Versandstücken. In diesem Kapitel findet man genaue Angaben zu den Mindestabmessungen, Position und Form bzw. Farbgebung der verwendeten Kennzeichen und Gefahrzettel.

Wer ist verantwortlich für die richtige Kennzeichnung und Bezettelung von Gefahrgut?

In Kapitel 1.4 des ADR sind die Sicherheitspflichten der Beteiligten am Gefahrgutprozess zu finden. Der Verpacker ist in diesem Zusammenhang dafür verantwortlich, die Vorschriften zur Kennzeichnung und Bezettelung von Versandstücken einzuhalten. Dies ist nachvollziehbar, da er die Versandstücke für die Beförderung vorbereitet und folglich auch deren Kennzeichnung und Bezettelung übernimmt. Es ist zu beachten, dass alle Arbeitnehmende vor Übernahme von Gefahrgutpflichten (z.B. Kennzeichnen, Verpacken,..) gemäß Kapitel 1.3 ADR unterwiesen sein müssen. Die Gesamtverantwortung hierfür trägt die Unternehmensleitung.

Kennzeichnung von Versandstücken nach ADR

Was versteht man unter der Kennzeichnung von Versandstücken gemäß dem ADR?

Die Kennzeichnung bezieht sich auf die Angabe bestimmter Informationen direkt auf dem Versandstück, wie z.B. die UN-Nummer und bezieht sich nicht auf die Gefahrzettel. Das Anbringen von Gefahrzettel auf dem Versandstück wird gemäß dem ADR als „Bezettelung“ bezeichnet. Die Kennzeichnung ist geregelt in Abschnitt 5.2.1 des ADR und umfasst folgende Elemente:

  • UN-Nummer
  • zusätzliche Vorschriften für Güter bestimmter Klassen (z.B. Güter der Klasse 1)
  • Kennzeichen für umweltgefährdende Stoffe
  • Kennzeichen für Batterien
  • Ausrichtungspfeile

Desweiteren gibt es Kennzeichen hinsichtlich des Baus, der Prüfung und der Zuslassung von Verpackungen (UN-Codierung). Diese findet man in Teil 6 des ADRs. In diesem Blogartikel wird jedoch nicht näher auf diese eingegangen.

Wie müssen Versandstücke gekennzeichnet werden?

UN-Nummer

Jedes Versandstück (sofern nichts anderes vorgeschrieben) muss deutlich und dauerhaft mit der UN-Nummer der enthaltenen Gefahrgüter versehen werden. Die UN-Nummer muss eine Zeichenhöhe von mindestens 12 mm haben. Unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. Nettomasse des Versandstücks von höchstens 30 kg) darf diese aber auch verkleinert werden.

UN Nummer
Beispiel UN Nummer

Kennzeichen für umweltgefährdende Stoffe

Versandstücke, die umweltgefährdende Stoffe enthalten, müssen dauerhaft mit dem Kennzeichen für umweltgefährdende Stoffe versehen werden (Ausnahme: Einzelverpackung/ Innenverpackung mit Menge/Nettomasse von höchstens 5 l/kg). Das Symbol besteht aus einem Fisch und Baum. Das Kennzeichen ist ein auf die Spitze gestelltes Quadrat, welches mindestens 10 x 10 cm Seitenlänge haben muss. Eine Verkleinerung dieses Kennzeichens ist erlaubt, wenn es die Größe des Versandstücks erfordert. Das Kennzeichen muss aber noch deutlich sichtbar bleiben.

Kennzeichen Fisch und Baum
Kennzeichen Umweltgefährdend

Kennzeichen für Batterien

Versandstücke mit Lithiumbatterien oder Natrium-Ionen-Batterien, welche nach der Sondervorschrift 188 oder 400 vorbereitet werden, benötigen ein sogenanntes Kennzeichen für Batterien. Dieses ist rechteckig oder quadratisch und bietet Platz für die UN-Nummer. Die Mindestabmessungen sind 100 x 100 mm, dürfen aber bei kleinen Versandstücken auf 70mm (Höhe) und 100 mm Breite verkleinert werden.

Kennzeichen für Batterien
Kennzeichen für Batterien

Ausrichtungspfeile

Ausrichtungspfeile müssen auf zwei gegenüberliegenden Seiten des Versandstücks angebracht werden. Folgende Versandstücke benötigen Pfeile für die Ausrichtung (siehe ADR 5.2.1.10.1):

  • a) Zusammengesetzte Verpackungen mit Innenverpackungen, die flüssige Stoffe enthalten,
  • b) Einzelverpackungen, die mit Lüftungseinrichtungen ausgerüstet sind,
  • c) verschlossene oder offene Kryo-Behälter zur Beförderung tiefgekühlt verflüssigter Gase und
  • d) Maschinen oder Geräte, die flüssige gefährliche Güter enthalten, wenn sichergestellt werden muss, dass die flüssigen gefährlichen Güter in ihrer vorgesehenen Ausrichtung verbleiben
Kennzeichen Ausrichtungspfeile
Ausrichtungspfeile

Kennzeichnung der Versandstücke bei Anwendung der Freistellungen LQ und EQ

LQ (Limited Quantities): Das Kennzeichen für Versandstücke, die begrenzte Mengen enthalten, hat die Form eines auf die Spitze gestelltes Quadrats. Die oberen und unteren Teilbereiche sind schwarz. Die Mindestabmessungen betragen 100 x 100 mm, dürfen bei kleinen Versandstücken auf nicht weniger als 50 x 50 mm verkleinert werden.

Kennzeichen Limited Quantities
Kennzeichen Limited Quantities

EQ (Excepted Quantities): Das Kennzeichen für Versandstücke, die freigestellte Mengen enthalten, hat die Form eines Quadrats. Die Schraffierung und das Symbol müssen schwarz oder rot (selbe Farbe) sein und mindestens 100 x 100 mm betragen.

Kennzeichen Excepted Quantities
Kennzeichen Excepted Quantities

Welche zwei wichtigen Anforderungen müssen die Kennzeichen erfüllen?

  • Die Kennzeichen müssen gut sichtbar und lesbar sein.
  • Sie müssen der Witterung ohne nennenswerter Beeinträchtigung standhalten.

Bezettelung von Versandstücken nach ADR

Was versteht man unter der Bezettelung von Versandstücken gemäß dem ADR?

Die Bezettelung gemäß ADR bezeichnet das Anbringen von Gefahrzetteln an Versandstücke, die gefährliche Güter enthalten. Dies ist in Abschnitt 5.2.2 des ADR geregelt. Jedes Versandstück mit gefährlichen Gütern muss mit einem oder mehreren Gefahrzetteln versehen sein, sofern durch eine Sondervorschrift nichts anderes geregelt wird.

Warum benötigt man Gefahrzettel?

Man benötigt Gefahrzettel, weil sie lebenswichtige Informationen über die Gefahr des transportierten Gefahrguts geben – und zwar sofort sichtbar und international verständlich. Gefahrzettel zeigen durch Symbole, Zahlen und Farben die Gefahr an, die von dem gefährlichen Gut ausgeht (z. B. explosiver Stoff, giftiges Gas, ätzender Stoff). Wenn ein Stoff mehreren Gefahren unterliegt (z. B. giftig und entzündlich), sind mehrere Gefahrzettel am Versandstück anzubringen. Die Angabe, welcher Gefahrzettel für ein bestimmtes Gefahrgut erforderlich ist, findet sich in Spalte 5 der Tabelle A im ADR, also im Verzeichnis der gefährlichen Güter.

Wie müssen die Gefahrzettel am Versandstück angebracht werden?

  • Die Gefahrzettel müssen auf derselben Fläche des Versandstücks angebracht werden (sofern die Abmessungen es zulassen).
  • Die Gefahrzettel dürfen nicht abgedeckt oder verdeckt werden von anderen Gefahrzetteln oder der Verpackung.
  • Wenn mehr als ein Gefahrzettel vorgeschrieben ist, müssen diese nahe beieinander angebracht werden.
  • Die Gefahrzettel müssen auf einem farblich kontrastierenden Hintergrund angebracht werden oder müssen eine äußere Begrenzungslinie aufweisen.

Was ist ein Gefahrzettelmuster?

Ein Gefahrzettelmuster ist die vorgeschriebene, standardisierte Darstellung eines Gefahrzettels für eine bestimmte Gefahrgutklasse nach ADR. Es zeigt, wie der Gefahrzettel auszusehen hat, damit er international eindeutig erkennbar und rechtskonform ist. Die Gefahrzettel müssen die Form eines auf die Spitze gestellten Quadrats haben mit einer Mindestabmessung von 100 mm x 100 mm. In der unteren Ecke des Gefahrzettels muss die Nummer der Klasse angegeben werden. In der unteren Hälfte muss (falls vorgeschrieben) bzw. darf ein zusätzlicher Text angegeben werden (z.B. RADIOACTIVE, FLAMMABLE LIQUID). In der oberen Hälfte muss das Symbol der Klasse angegeben werden (bis auf wenige Ausnahmen).

Gefahrzettel Klasse 3
Gefahrzettel der Klasse 3

Straße, Schiene, Luft & Wasser – Unterschiede in der Kennzeichnung und Bezettelung

Verschiedene Begrifflichkeiten

Es ist wichtig zu beachten, dass die Begriffe je nach Gefahrgutregelwerk und Verkehrsträger unterschiedlich verwendet werden:

Im Straßen- und Schienentransport (ADR/RID) sowie im Seeverkehr (IMDG-Code) wird – wie zuvor beschrieben – der Begriff „Kennzeichnung und Bezettelung“ verwendet Im Lufttransport (IATA-DGR) verwendet man anstatt „Kennzeichnung“ das Wort „Markierung“ (z. B. Markierung für umweltgefährdende Stoffe). Anstatt Bezettelung wird im Luftverkehr der Ausdruck „Kennzeichnung“ verwendet. Es gibt Gefahrenkennzeichen (entspricht Gefahrzettel im ADR) und Abfertigungskennzeichen (speziell Lufttransport).

Mehr zum Thema Seeverkehr finden Sie in unserem Beitrag zur Unterweisung gemäß IMDG-Code.

Welche Unterschiede finden sich am Versandstück?

Die Kennzeichnung und Bezettelung von Gefahrgut unterscheidet sich je nach Verkehrsträger (Straße, Schiene, Luft, Wasser), weil unterschiedliche internationale Vorschriften gelten.

  • ADR/RID: Kennzeichnung: UN-Nummer / Bezettelung: Gefahrzettel
  • IMDG-Code: Kennzeichnung: technischer Name (auf Englisch) und UN-Nummer / Bezettelung: Gefahrzettel
  • IATA-DGR: Markierung: Richtige englische Versandbezeichnung, UN-Nummer, Name und Anschrift des Versenders und Empfängers, Nettomenge gefährlicher Güter / Kennzeichnung: Gefahrenkennzeichen, Abfertigungskennzeichen

Gefahrgutkennzeichnung und Bezettelung nach ADR in der Praxis: Beispiele & häufige Fehler

Fehlerquellen bei der Kennzeichnung und Bezettelung

Typische Fehler sind z. B. unvollständige Angaben oder beschädigte bzw. falsch platzierte Gefahrzettel. Auch die falsche Größe oder das Fehlen des Gefahrzettels kann problematisch sein.

So geht’s richtig: Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Bezettelung nach ADR

  • Gefahrgut richtig identifizieren. Suche den Stoff in der Tabelle A des ADR (Kapitel 3.2).
  • In Spalte 5 steht der Hauptgefahrzettel (z. B. Gefahrzettel Nr. 3 für entzündbare Flüssigkeiten) und die Gefahrzettel der Nebengefahr (falls erforderlich).
  • Gefahrzettel auswählen. Gefahrzettel müssen mindestens 100 × 100 mm groß, witterungsbeständig und fest haftend sein.
  • Richtige Anbringung. Der Gefahrzettel muss gut sichtbar sein. Die Gefahrzettel dürfen nicht beschädigt oder verdeckt sein. Wenn mehrere Gefahrzettel nötig sind: nebeneinander oder nahe beieinander anbringen.
  • Achtung: Bei Großpackmitteln (IBC) mit einem Fassungsraum von mehr als 450 Litern, müssen Sie die Gefahrzettel (und auch Kennzeichnung) auf zwei gegenüberliegenden Seiten anbringen.
  • Ein gut geschulter Umgang mit der Gefahrgut-Kennzeichnung und -Bezettelung minimiert Risiken und erhöht die Rechtssicherheit im Gefahrguttransport.

Fazit: Gefahrgut richtig kennzeichnen und bezetteln – für Sicherheit, Effizienz und Rechtskonformität

Die Gefahrgutkennzeichnung und Bezettelung ist kein bürokratisches Hindernis, sondern ein zentraler Sicherheitsfaktor. So können Einsatz- und Hilfskräfte, aber auch Fahrerinnen und Fahrer sofort anhand dieser Erkennen um welche Art von Gefahrgut es sich dabei handelt und im Falle eines Unfalls die richtigen Maßnahmen ergreifen.

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